„Einzigartig glauben“

Predigt im Gottesdienst in der Peterskirche Murr am Sonntag, 29. April 2018 – Kantate/Konfirmation

… euer Glaubensbekenntnis haben wir gehört. Also eure gemeinsame Sicht auf den Glauben, auf Gott, auf Jesus, die Kirche und den Himmel.

… und ihr acht habt ja auch sonst einiges gemeinsam:

Ihr seid ähnlich alt – 13 oder 14 Jahre. Zwei von euch wurden sogar am selben Tag geboren, wurden am selben Tag getauft … und werden heute am selben Tag konfirmiert! Wahnsinn! Gebt Bescheid, wann ihr heiratet. :-)

Ihr wohnt alle hier in Murr.

Ihr geht alle zur Schule – siebte, achte Klasse.

… und ihr hattet trotzdem noch Zeit für ein Konfirmandenjahr. Mit Mittwochnachmittagen, mit KonfiCastle, mit Kirchen-Übernachtung, mit Konfi-Party in Stuttgart und Kletter-Aktion in Ludwigsburg …

… ihr habt alle dasselbe neue Lieblingslied kennengelernt als Konfis: „Larger Than Life“ – vorhin lief’s hier in der Kirche, zum Countdown.

… und ihr habt euch alle schick gemacht für heute.

… ihr habt ganz viel gemeinsam.

… und zugleich seid ihr alle einzigartig.

Manche von euch haben schon immer hier gelebt. Andere sind irgendwann hierhergezogen, aus Höpfigheim oder Bietigheim. Bei euch im Jahrgang hat sogar einer mitgemacht, der wohnt nur unter der Woche in Murr. Zu Hause ist er in Vöhringen – und wird dort auch konfirmiert.

Ihr fahrt morgens an unterschiedliche Orte – acht Konfis, vier Schulen.

Manche von euch machen Musik, manche machen Sport im Verein, manche sind handwerklich gut drauf.

Eine von euch hat Angst im Dunkeln, aber macht stundenlange Nachtspaziergänge. Und versteht selbst nicht, warum.

Und einer von euch wollte ein Mofa auseinanderbauen, hat aber keins gefunden, … jetzt hält er halt Hühner.

Auch euer Charakter unterscheidet sich. Letzten Mittwoch musstet ihr euch gegenseitig Eigenschaften zuordnen — und da wurde dann schon deutlich, wer wie tickt.

… ihr seid einzigartig – und ihr glaubt auch einzigartig. Auch eure Sicht auf den Glauben, auf Gott, auf Jesus, die Kirche und den Himmel unterscheidet sich. Zu eurem gemeinsamen Glaubensbekenntnis habt ihr verschiedene Teile beigetragen.

… und das ist ja ganz klar. Denn schon eure Voraussetzungen für den Glauben sind ganz unterschiedlich:

Die meisten von euch kommen aus rein evangelischen Familien. Aber es gab diesmal auffallend viele Eltern, die katholisch sind. Da konnte man sich beim Elternabend gar nicht richtig outen … Und manche sind gar nicht oder nicht mehr in der Kirche.

Die meisten von euch wurden bald nach der Geburt getauft. Aber einer von euch erst mit acht Jahren — du kannst dich noch dran erinnern. Und zwei von euch haben sich erst jetzt für die Taufe entschieden.

… einzigartige Voraussetzungen für den Glauben. So seid ihr in den ersten Konfirmandenunterricht gekommen, am 21. Juni 2017.

… damals habt ihr einen Brief an euch selbst geschrieben. Ihr habt euch selber Fragen beantwortet: „Was denke ich so über Gott, Glauben, Kirche?“ Und: „Auf welche Fragen möchte ich in meiner Konfi-Zeit unbedingt Antworten finden?“

… macht sie mal auf, eure Briefe. Und schaut, was ihr damals geschrieben habt.

Manche von euch haben nicht so richtig gewusst, was sie schreiben sollten, waren ganz schnell fertig. Und manchen musste ich sagen: „Du, wir jetzt machen weiter. Hier ist der Briefumschlag.“

Ich vermute, dass sich auch die Inhalte eurer Briefe unterscheiden. Dass ihr unterschiedlich gedacht habt über Gott, Glauben, Kirche. Und dass jede und jeder andere Fragen hatte.

Auf manche Fragen habt ihr Antworten gefunden während der Konfirmandenzeit, hoffentlich. Manche Fragen sind offen geblieben. Und ich hoffe ja, dass auch neue Fragen dazugekommen sind. Weil wir nie fertig sind mit dem Glauben …

Zum Ende der Konfirmandenzeit habt ihr wieder was aufgeschrieben. Nämlich euren Konfirmationsspruch. Manche haben den schon ganz früh entdeckt in ihrer Bibel, manche später. Manche haben sich helfen lassen, wurde mir berichtet … Und einer von euch hat seinen Spruch in einem biblischen Buch gefunden, das genauso heißt wie er selbst …

Siehe da – auch eure Konfirmationssprüche unterscheiden sich.

Manchen von euch war vor allem wichtig, dass Gott stark ist: „Die […] [Bibelstelle] zeigt mir, dass Gott von nichts besiegt oder umgerissen werden kann und dass er für immer bestehen bleibt.“

Andere von euch haben mit ihrer Bibelstelle betont, dass Gott hinter euch steht. „Ich habe diese Bibelstelle ausgewählt, weil … Gott auf mich aufpasst und mich immer beschützt. Er gibt mir Kraft.“ Oder: „[M]it Hilfe von Gott [kann ich] immer Hoffnung haben […]. Und diese Hoffnung […] [ist] etwas […], was dank Gott immer bleiben kann.“

In anderen Konfirmationssprüchen geht es um den Lebensweg, den Gott begleitet: „Ich finde es gut, dass […] Gott […] mir auch die größten Steine aus dem Weg räumt.“ Oder: „Manchmal ist es schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen, doch Gott weist mir immer den richtigen Weg.“

… und wer sich von Gott begleitet weiß, lebt auch anders. In manchen Konfirmationssprüchen steckt vor allem das drin: „Dieser Satz verdeutlicht […], dass allein der Glaube die Menschen Großes bewirken lässt.“ Oder: „[Ich denke, dass diese Bibelstelle] […] mir helfen kann und mich wieder motiviert, weiterzumachen.“ Und schließlich: „Immer muss man sich über seine Taten und Worte bewusst sein, da man leicht seine Mitmenschen verletzen kann.“

Ihr glaubt einzigartig. Und wisst ihr was? Das ist gut so!

… denn wir Christen glauben nicht alle gleich. Denkt bitte nie, dass wir als Christen einförmig werden müssen! Und berechenbar. Und langweilig. Und nur dieselben Sätze sagen. Und dieselben Klamotten tragen.

Als Christen glauben wir nämlich nicht an ein festes System. Oder an eine Sammlung von Regeln. Wir glauben an einen lebendigen Gott. Einen Gott, der selber Mensch wurde. Einen Gott mit Gesicht. Mit Hand und Fuß. Der atmet. Und lacht. Und das Leben kennt.

Diesen lebendigen Gott erlebt jede und jeder ein bisschen anders.

… und auch umgekehrt ist es so: Wenn man schaut, wie Jesus Menschen begegnet ist, dann merkt man rasch: Auch das war unterschiedlich. Weil jeder was anderes gebraucht hat.

Bitte bleibt einzigartig. Und glaubt einzigartig. Und bringt euch ein mit diesem Glauben. Das braucht unsere Kirchengemeinde. Das braucht unsere Welt. Ich bin gespannt, was Gott mit euch vorhat.

Amen.

Daniel Renz, Pfarrer